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E & BJ Capper
Nagold
2004 -12

Jan 2004

Baisingen/Rottenburg

am Neckar

Gedenkstätte Synagoge

Memorial Synagogue

48°30'17.48" N  8°46'27.24" O/E
504m

 

 

 

Unsere gemeinsame deutsch-jüdische Vergangenheit, im alltäglichen Leben kaum noch sichtbar, begegnet uns im kleinen Rottenburger Teilort Baisingen mit beklemmender Aktualität. 1784 errichtete eine aufblühende jüdische Gemeinde inmitten von Wohnhäusern diese Synagoge.

In Baisingen near Rottenburg a sign in the main street points to the restored memorial synagogue of the once flourishing Jewish community.

Trotz immer wieder aufflackernder antisemitischer Regungen in der deutschen Bevölkerung schien die Gemeinde gut integriert, stellte, wie uns der Museumsführer erzählt, regelmäßig einen Gemeinderat, zog bei Siegen der deutschen Armee jubelnd durchs Dorf und opferte das Leben von vier jungen jüdischen Männern im ersten Weltkrieg.

It confronts us with history which is shared between Germans and Jews but often below the visible surface of day to day life.
Despite periods of anti-semetism, the Jewish community was well integrated and patriotic.

Das Innere der Synagoge überrascht durch eine fast traumhafte, verspielte Atmosphäre. Wände in warmen Rot- und Gelbtönen werden von einem lichtblauen Himmel überwölbt, verziert mit goldenen Sternen.

The empty hall is unexpectedly colourful; the walls in mellow reds and yellows with a light blue gold-starred sky above.

Das Drama, das sich in der Reichskristallnacht auch hier abspielte, ist greifbar an den Umrissen der Bänke im Verputz zu erkennen. Sie wurden wie die gesamte Inneneinrichtung von den Nazis herausgerissen und zerstört. Das Gebäude wurde nur wegen seiner Nähe zu Wohnhäusern nicht angezündet. Nach dem Krieg rettete die weitere Nutzung die Synagoge vor dem Verfall: Wo die Torarolle, die fünf Bücher Mose, in der Heiligen Lade aufbewahrt worden war, ließ ein Bauer ein großes Stück Wand herausbrechen, setzte ein Tor ein und nutzte das Gebäude als Scheune.

The plaster shows graphically where the pews were torn out and underlines the drama and tragedy of the Nazi desecration in the Reichskristallnacht ('The Night of Broken Glass').
The building was saved from arson by its nearness to surrounding houses. It survived later decay because a local farmer broke through the front wall, where previously the sacred rolls of the Torah had been stored, and used the room as a barn..

Im Zentrum des Himmelgewölbes strahlt der Davidsstern. In seiner Mitte kann man noch die Verankerung des Kristallleuchters erkennen, der ebenfalls von den Nazis herausgerissen wurde.

The candelabra was also destroyed by the Nazis. The place where it hung can be seen within the David's star in the centre of the ceiling.

Diejenigen Baisinger Juden, die die Deportation überlebten, zogen bevorzugt nach Nordamerika, später nach Israel; ihre Nachkommen suchen heute in Baisingen ihre Wurzeln, besuchen das Museum und den Friedhof. Nur der Viehhändler Harry Kahn kam nach dem Krieg zurück und gründete eine neue Familie; "daheim ist daheim", soll er gesagt haben.. Seit seinem und seiner Frau Tod leben in Baisingen keine jüdischen Mitbürger mehr.

1988 kaufte die Stadt Rottenburg die Synagoge und förderte ihre Restaurierung durch einen örtlichen Verein.

Most of the survivors of the Jewish community emigrated to North America, later to Israel. Their descendants come to Baisingen to look for their roots and visit synagogue and museum. One survivor, Harry Kahn, a cattle-dealer, returned to Baisingen and started a new family.
Following his death and that of his wife, there are no members of the Jewish community living directly in Baisingen.
In 1988 the town of Rottenburg purchased the synagogue and supported restoration through a local society.

Von der Hauptstraße aus weist ein Schild zum jüdischen Friedhof.

On the main road there is also a sign to the Jewish Cemetery. Ask at the museum if you want to go in.

Da Gräber und Gebeine nach jüdischem Glauben nicht angetastet werden dürfen (was die Ungeheuerlichkeit der millionenfachen Vergasung nochmals steigert, da keine Gräber für die Toten vorhanden sind), kann man die Entwicklung und zunehmende Assimilation der jüdischen Gemeinde anhand der Grabsteine über die Jahrhunderte verfolgen. Die hebräischen Aufschriften wurden zunehmend von deutschen ergänzt. Auffallend ist der Reichtum an Symbolen. Auf den Grabsteinen der Kohanim (wovon sich der Familienname Kahn ableitet) verbildlichen zwei zwischen Mittel- und Ringfinger gespreizte Hände den segnenden Kohen, den Hohepriester. Ein Krug weist auf die Tempelarbeit des Leviten hin. Auf dem Friedhof begegnen wir einem kanadischen Ehepaar. Die Gräber sind für die Nachfahren das wichtigste Reiseziel; das Museum mit seinen Archiven ist zwar von historischem Interesse, doch beten können Juden darin nicht mehr. Die Synagoge wurde durch die Nationalsozialisten entweiht.

In Jewish tradition graves should remain undisturbed - an aspect of additional horror of the Holocaust is that there are no graves for the dead. The cemetery shows the increasing integration of the Jewish community through the centuries as German inscriptions are more and more added to Hebrew ones. The gravestones show rich symbolism, here the two blessing hands of the priestly family of the Kohanim and the sacred jug refering to the temple service of the Levites.


We are told the cemetery is more important for visiting descendants than the synagogue, which can no longer be used as a place of prayer for Jews after the Nazi desecration.

Link (Deutsch/German language): Gedenkstätten in Baden-Württemberg - Synagoge Rottenburg-Baisingen

Jan.2004

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