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 E & BJ Capper Nagold 2007/08

 

24.5.2007

Durch Dänemark

Through Denmark

Christiansfeld & Jelling

Weltkultur:
Reißbrettstadt
 & Runensteine

World Heritage
Planned Community & Runic Stones

 

Einführung

In diesem Frühsommer wollen wir unsere spannenden Entdeckungsreisen in den Süden und Osten Europas unterbrechen und uns dem bislang von uns vernachlässigten Norden zuwenden. Und wenn schon, denn schon: Über Dänemark und Südschweden hoffen wir uns durch ganz Norwegen bis zum Nordkap emporarbeiten zu können. Wir träumen von wilder Natur und von Tieren, die keiner von uns bis jetzt gesehen hat. Da aber besonders Letztere nicht auf Knopfdruck erscheinen, wollen wir auf Nummer Sicher gehen und auch das mitnehmen, was nicht davonlaufen, -fliegen oder -schwimmen kann: die skandinavischen Unesco-Welterbestätten (oder besser: eine edle Auslese davon). Großzügig, wie wir sind, packen wir auch die Anwärter mit dazu.

Introduction

In early summer we want to interrupt our sequence of ‘voyages of discovery’ in southern and eastern Europe and to visit the - for us - neglected north. To do it properly, we plan to drive through Denmark and Sweden, then through the length of Norway up to the North Cape.
We hope to enjoy plenty of wild nature and to spot animals and birds that neither of us has yet seen, but as fauna tends not to appear on command, we plan as visit as many of the Scandinavian Unesco World Heritage listed sites as we can on the way. Generous as we are, we include prospective Unesco list candidates as well.

Auf nebenstehender Landkarte sind in Dänemark und Schweden diejenigen Weltkulturstätten mit einem roten Punkt markiert, die von uns besucht und beschrieben werden. Ein gelber Punkt kennzeichnet einen besuchten Titel-Anwärter.  Die norwegische Karte dürfte bezüglich der Welterbestätten und Kandidaten alle momentanen Unesco-Einträge aufweisen (Stand 2007). Rote Punkte bezeichnen dabei Kultur-, grüne Naturstätten. Blaue Punkte sind Anwärter auf den Titel Weltnaturerbe (siehe auch unsere Unesco-Seite). Die Stellen, die in Klammern gesetzt sind, haben wir aus verschiedenen Gründen nicht aufgesucht (Vega-Inseln und Rago-Nationalpark).

On the adjacent map we show the Unesco listed and prospective sites we visited and will describe in this travel report, plus the remaining 2 in brackets in Norway which we didn’t get to. (Vega-Inseln and Rago-National Park)
The colour scheme for the sites is the same as on our Europe ‘Unesco’ map: for World Cultural Heritage red is a listed site and yellow a candidate; for World Natural Heritage green is a listed site and blue a candidate.

For Norway the map is complete as of 2007, for Denmark and Sweden it shows the sites we visited on our way.

Unsere Reise von Süd-Deutschland zum Nordkap und zurück dauerte etwas über 5 Wochen.
Die im Monat Juni endlos um uns kreisende (Mitternachts-)Sonne ließ sie fast erscheinen wie einen einzigen langen Tag. 11700km mussten wir für diesen Ausflug zur nördlichsten Spitze Europas bewältigen. Dass wir dabei nicht nur interessante Unesco-Stätten, sondern schließlich auch "wilde Tiere" vors Auge und die Kamera bekamen, hat diese Rundreise zu einem ganz besonderen Erlebnis für uns werden lassen.

Our trip from southern Germany to the North Cape, the northernmost point in Europe accessible by road, and back, took something over 5 weeks, of which the 13 days and nights north of the Arctic Circle were one long day. We travelled a total of 11700 km and drove an average of 5 hours per day.
As it turned out, we not only saw and photographed many interesting Unesco and other beautiful natural sites, but also some of the hoped-for wild creatures. The trip added up to a very interesting and special experience for us, which we intend to describe in this travel report.

 

 

 

 

 

Christiansfeld

Nachdem wir Nagold am 23. Mai verlassen, legen wir unseren ersten Fotostopp in Jütland, Dänemark, ein. Etwa 15km südlich von Kolding liegt nahe der E 45 die wohl ungewöhnlichste Kleinstadt Dänemarks.
Von 1773 an wurde innerhalb weniger Jahre eine sich an anderen europäischen Vorbildern orientierende Reißbrett-Stadt errichtet, streng gegliedert und funktional bis ins Letzte durchdacht. Es handelt sich um eine Niederlassung der Herrnhuter Brüdergemeine (die sich auch heute noch "Gemeine" ohne "d" nennt), um Nachfahren der Böhmischen und Mährischen Brüder, die als Anhänger des im 15.Jh. als Ketzter in Konstanz verbrannten Jan Hus, (dessen Denkmal wir in Prag gesehen haben), im Zuge der katholischen Gegenreformation aus ihren Heimatländern fliehen mussten.

Christiansfeld

After setting off from Nagold, Germany,  on May 23rd., our first stop of interest is Jutland, Denmark. About 15 km south of Kolding near the E45 lies one of the most unusual little towns in Denmark.
Within a few years from 1773 onwards a strictly structured and functional planned community was built, oriented on other European model towns. It is a branch of the Moravian Church (aka Bohemian Brethren), whose roots are among the followers of Jan Hus, who was burnt as a heretic in Constance in the 15th C., (and whose memorial we saw in Prague). In the course of the Catholic counter-reformation his followers fled from their home countries.

Ein Blick in eine der beiden schnurgeraden, den gesamten Ort durchziehenden Längsstraßen, die von mehreren parallelen Querstraßen rechtwinklig gekreuzt werden, was dem Ort ein rasterartiges Aussehen verleiht. Alle Straßen und Gebäude sind großzügig angelegt, dabei weitgehend schmucklos, jedoch von einer schlichten Distinguiertheit.

Graf von Zinsendorf, der den geflüchteten Böhmischen Brüdern auf seinem Gut in Sachsen Unterkunft gewährt hatte (wo wenig später 1722 die erste geschlossene Siedlung der Brüdergemeine, Herrnhut ("in der Obhut des Herrn") genannt, entstand), konnte auf der Krönungsfeier von Christian VI. das Interesse des frommen Königs an der Gemeine wecken und dessen Erlaubnis zum Missionieren in den dänischen Kolonien erlangen. Doch es war der pietistisch wenig interessierte König Christian_VII., der die Anfrage der Brüdergemeine nach dem Bau einer Stadt auf seinem königlichen Gut Trystrup 1771 positiv beschied und sie mit erheblichen Privilegien (eigene Gerichtsbarkeit und Schulen, Steuerfreiheit für 10 Jahre u.a.) ausstattete. Nachdem ein anderes Bauprojekt einer Herrnhuter Stadt, "Pilgerruh" bei Oldesloe, 1741 nach nur vier Jahren Bestand daran gescheitert war, dass die Gemeine keinen Schwur auf den König abzugeben bereit war, verzichtete Christian VII. darauf. Ein Besuch bei der Hernnhuter Stadt im holländischen Zeist hatten ihn von den hervorragenden handwerklichen und wirtschaftlichen Fähigkeiten der Gemeinschaft überzeugt. Er erhoffte sich vom Bau der Stadt ein Entwicklungsprogramm für einen unterentwickelten Landstrich.

This is the view down one of the 2 dead straight streets through the length of the township. They are crossed at right angles by the side roads forming a grid pattern. All roads and buildings are generously proportioned, with very little decoration but with plain elegance.

The nobleman Nikolaus Ludwig von Zinzendorf, allowed some of the remaining Bohemian Brethren to settle on his lands in Saxony, where the first dedicated settlement of the Moravian Church was founded at Herrnhut, (which means ‘under the protection of the Lord’). At the coronation of the pious King Christian VI von Zinzendorf was able to win the king’s interest in the movement and to gain his permission for them to send missionaries to the Danish colonies. But is was the less pious grandson Christian VII, who decided in favour when the Moravians requested his permission to build a town on his royal land of Trystrup in 1771. He granted them significant privileges, their own jurisdiction and schools, tax free status for 10 years, etc. As another Moravian planned community at ‘Pilgerruh’ (pilgrim’s rest’) at Oldeshoe had failed in 1741 after only 4 years because of the Moravians’ refusal to swear allegiance to the king, Christain VII did not insist on this condition. His visit of the Moravian settlement at Zeist in Holland had persuaded him of their ability at handcraft and their commercial competence, and he hoped that building the town would stimulate development in this underdeveloped area. 

 

 

 

Seine Hoffnung sollte nicht enttäuscht werden. Zwei Jahre nach seiner Zusage stand bereits das erste Haus, und am selben Tag wurden die Grundsteine für drei weitere Gebäude gelegt, u.a. derjenige für den Gasthof der Gemeinschaft, hier links im Bild.
Das gemeinschaftliche Leben und Arbeiten auf der Grundlage der Bibel stellt das Fundament dieser Bruderschaft dar.(Sie galt damals allgemein als "Sekte", heute ist sie der evangelischen Kirche angegliedert). Die Anlage von Christiansfeld spiegelt dies wider. So wurden in den ersten Jahren hauptsächlich die Versammlungsräume, das Warenhaus und die sog. "Chorhäuser" gebaut, das sind geräumige Gebäude, in denen die ledigen Brüder oder Schwestern nach Geschlechtern getrennt lebten und arbeiteten. Auch ein Witwenhaus wurde errichtet. "Chorhäuser" deshalb, da in ihnen die Bewohner wie ein vielstimmiger Chor unter Leitung eines Dirigenten (Leiters) zusammenwirken sollten.
Rechts im Bild sieht man den Eingang zu einer Honigkuchen-Bäckerei (siehe unten).

His hopes were not disappointed. 2 years after his permission was granted the first house stood and three further buildings had been started, among them the guest-house of the community, seen on the left of the picture above.
The foundation of the community was the fact that social life and work were based on the Bible. (At that time it was regarded as a sect. Now it is an established part of the Protestant church.) The buildings at Christiansfeld reflect this. In early years primarily the meeting hall, the community warehouse and the Choir Houses were built. The latter are roomy buildings in which the unmarried brothers and sisters of the community lived and worked in their separate quarters. A house for widows was built as well. They were called Choir Houses, because the occupants were to be like a many voiced choir singing together under the leadership of the conductor (leader).
On the right of the picture above is the entrance to a honey cake bakery (see below).

 

 

 

Die Tafel am Gasthaus ("Brodremenighedens Hotel", links) gibt eindrücklich Zeugnis davon, welche Anziehungskraft dieser Ort auf gekrönte Häupter besaß. Innerhalb weniger Jahrzehnte blühte die gesamte Region durch die Tatkraft und den hohen moralischen Anspruch der Gemeinschaft, besonders auch im Handelswesen, auf. Viele Handwerks- und Handelsbetriebe entstanden, aber auch eine florierende Tabakveredelungsfabrik. Bereits um 1800 war die Einwohnerzahl auf über 700 angewachsen.
Rechts sieht man ein Hinweisschild über der Eingangstür zu jenem Wirtschaftszweig, der auch heute noch Bestand hat: die Honigkuchenbäckerei. Der aus Süddeutschland stammende Hutmacher Achtnicht buk in Zeiten schlechter Auftragslage in Heimarbeit nach einem Rezept aus seiner Heimat Lebkuchen auf der Basis eines Honigteiges. Sie gingen bald "weg wie warme Semmeln", so dass er sein Geschäft als Hutmacher aufgab und sich ganz der Honigkuchen-("honningkager") Bäckerei widmete.

The plaque on the community guest-house (left) demonstrates impressively the importance of this place for the royal rulers. Within only a few years the region began to prosper from the energy and the high moral standards of the community, particularly in trading. Many handcraft and trading enterprises were started up, also a tobacco processing factory. By 1800 the population had risen to over 700.
On the right is the shop sign over the entrance to a honey cake bakery, a branch of trade that is still active. The hat maker Achtnicht used the time when his normal trade was poor to bake honey pastry based on a gingerbread (Lebkuchen) recipe from his home country, South Germany. It soon became a big hit, so he gave up his hat making business and concentrated on baking Honey Cake ("honningkager").

 

 

 

Die Rückansicht einer Häuserzeile, die in etwa die Lücke zwischen den beiden Längsstraßen füllt. Zwischen den Häusern planten die Brüder große Grünflächen mit ein.

Christiansfeld ist heute die am besten erhaltene Herrnhuter Siedlung Europas und ein Anwärter auf den Titel "Weltkulturerbe der Unesco".

The rear view of a row of houses lining one of the streets connecting the 2 main roads. The community brothers planned green areas between the houses.

Christiansfeld is the best preserved Moravian Church settlement in Europe and is candidate for inclusion in the UNESCO world cultural heritage list.

 

 

 

Dass die Stadt auch heute noch so exzellent erhalten ist, ist auch der Tatsache zuzuschreiben, dass zu ihrem Bau fast ausschließlich Backsteine verwendet wurden.
Aber auch ein anderer Aspekt ist dabei wichtig: Bis 1864 erlebte Christiansfeld einen unerhörten Aufschwung, doch dem bereitete der zweite Schleswigsche Krieg ein Ende. Direkt nördlich der Stadt wurde nach Kriegsende die neue Grenze gezogen, Christiansfeld wurde Deutschland zugeschlagen und so von seinem Hinterland praktisch abgeschnitten. Die daraus entstandenen wirtschaftlichen Probleme führten zu einer Stagnation und Konservierung der Stadt auf dem damaligen Stand, weshalb sie ihr historisches Gesicht fast vollkommen bewahren konnte.

The town is well preserved today, which is largely due to the fact that it was almost totally brick built.
 Another factor is also important. Up to 1864 Christiansfeld experienced an extraordinary boom, but that was ended by the Second Schleswig War. At the end of the war between Denmark and the Prussian-Austrian confederation the new border was just to the north of the town. Christiansfeld was assigned to Germany and was thus cut off from its previous neighbourhood. The resulting economic problems led to stagnation and the conservation of the town in its then current state, which is why it has kept its historic appearance up to the present day.

 

 

 

Die Hinteransicht der Kirche, an die sich rechts und links Schulgebäude anschließen. Leider war die Kirchentüre verschlossen, doch durch die Fenster konnten wir eine riesige, weißgestrichene Halle (die größte säulenlose Kirchenhalle Dänemarks) erkennen. Auf schlichten weißen Bänken finden etwas tausend Gläubige, streng nach Männern und Frauen getrennt, Platz. Es gibt (außer den original erhaltenen Kerzenhaltern) keinen Schmuck, keine Bilder und keine Kanzel, nur einen Tisch mit grüner Tischdecke. Der Boden aus Holzdielen ist immer mit Sand bestreut.
Schon in den Gründungsjahren der Stadt wurde eine Jungenschule mit Internat, später eine Mädchenschule gebaut. Da viel Wert auf Zucht und Ordnung, aber auch auf eine liebevolle Hinwendung zu den Schülern und auf gute akademische Standards gelegt wurde, entwickelten sich die Schulen rasch zu Internatsschulen, auf die Missionare aus Übersee, aber auch wohlhabende Personen aus Wirtschaft und Politik ihre Kinder schickten. Da sie teuer waren, wurden sie bald zu Eliteschulen.

The rear view of the church, between school buildings to right and left. Unfortunately the church door was closed, but through the window we could see a large, white painted hall. It is the largest pillarless church hall in Denmark. There are plain white benches for about 1000 members of the congregation, men and women strictly separated. Apart from the original candle holders there are neither decoration nor pictures, just a table with a green table cloth. The floor of wooden boards is sprinkled with sand.
Soon after the foundation of the town a boarding school for boys was built, and later a school for girls was added. As high value was placed on discipline, but also on loving concern for the schoolchildren and on high academic standards, the schools soon developed into boarding schools to which overseas missionaries and wealthy people from commerce and politics sent their children. As they were expensive, they soon developed into elite schools.

 

 

 

Die schöne Vorderansicht der Kirche. Ich, Elli, stehe gerade vor einer Eingangstür und betrachte den Gottesdienstplan für die nächsten Monate.

Das nach dem 2. Schleswigschen Krieg Deutschland zugeschlagene Christiansfeld, das erst 1920 nach einer Abstimmung wieder an Dänemark zurückfiel (und das übrigens unter allen Kriegen schwer zu leiden hatte, da es an der wichtigsten dänischen Nord-Süd-Passage liegt), wurde 1869 von den Preußen per Gesetzt als "Flecken" bezeichnet, der den Herrnhutern nicht mehr vorbehalten war.
Heute leben noch ca. 150 Brüder und Schwestern in und um Christiansfeld. Diese sind jedoch immer noch in der Lage, die Gebäude in Ordnung zu halten und die kirchlichen Traditionen fortzuführen.

The fine front view of the church. Elli is standing near the entrance door and looking at the schedule of services in the coming months.

Christiansfeld was given the status of market town by Prussia in 1869 and was no longer exclusively for the Moravian community. It was returned to Denmark in 1920. Being on the important north-south Danish corridor it suffered in every war.
About 150 Moravian brothers and sisters live in and around Christainsfeld today and they are still able to keep the buildings in order and to maintain their church traditions.

 

 

 

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Ein Panorama (9 Bilder) vom grünen Zentrum und zugleich der Keimzelle der Stadt. Um den traditionell wie in anderen Herrnhuter Städten mit zahlreichen Lindenbäumen bepflanzten Kirchplatz stehen auch die wichtigen Gemeinschaftshäuser. Links im Hintergrund ist das Schwesternhaus zu erkennen, rechts der Eingang zum Predigerhaus, einem der ersten Gebäude der Stadt. Es erfüllt bis heute die gleiche Funktion.

This panorama picture (9 exposures) shows the green centre and nucleus of the town. Around the church square, which is lined in the traditional style with lime trees, as in other Moravian Church settlements, stand the important community buildings. On the left in the background is the Sister House, on the right the entrance to what was one of the first houses in the town, the preacher’s house.  It still fulfils this function today.    

 

 

 

Der Brunnen im Zentrum des Kirchplatzes, der auch das Wappen von Christiansfeld ziert. Das kleine Gebäude rechts neben dem Brunnen ist das älteste Haus des Ortes, eingeweiht am 1. April 1773. Es diente damals als Versammlungsraum.

The fountain in the centre of the church square is decorated with the arms of the town. The small building to the right is the oldest house in the town, inaugurated as meeting room on April 1st. 1773. 

 

 

 

Unter der hervorbrechenden Nachmittagssonne kommt die Schönheit und Friedlichkeit des alten Ortes und der in den Gründungsjahren gepflanzten Linden gut zur Geltung.

 Leider haben wir es versäumt, auch den örtlichen Friedhof, den Gottesacker, zu besuchen. Dort liegen alle verstorbenen Brüder und Schwestern seit der Ortsgründung, die Brüder links, die Schwestern rechts. Alle Grabplatten sind gleich ("da im Tod alle gleich sind") und nach Osten ausgerichtet. Die alten Linden umrahmen die Gräber. Über der Eingangspforte sind die Bibelworte eingeschnitzt: "Es wird gesät verweslich", und über der Ausgangspforte: "Und wird auferstehen unverweslich".

The afternoon sun comes through and shows the beauty and peacefulness of the old town and the lime trees planted in the foundation years.

 Unfortunately we failed to visit the local cemetery. There all the deceased community members lie buried, brothers on the left, sisters on the right. All the gravestones are the same, (as ‘in death all are equal’), and oriented towards the east. Old lime trees surround the graves. Above the entrance on the way in Bible words are engraved ‘It is sown in corruption’ and on the way out ‘It is raised in incorruption’.

 

 

 

Auf dem abgestorbenen Wipfel einer Linde, die am Brunnen steht (siehe Panoramabild weiter oben) nistet ein Dohlenpaar.
Die Dohlen sind unsere kleinsten Rabenvögel. Kreischend ziehen sie durch den Ort.

Link mit weiterführenden Informationen: Christiansfeld - meine Stadt

A pair of jackdaws are nesting on the cut-off trunk of a lime tree near the fountain (in the middle of the panorama picture above).
Jackdaws are the smallest birds in the crow family. 

Link for further inforamtion: Christainsfeld Initiative

 

 

 

Jelling

Noch am gleichen Nachmittag fahren wir zum etwas nördlicher gelegenen Ort Jelling und schrauben die Uhr unserer Zeitreise in die Vergangenheit nochmals um weitere 800 Jahre zurück. Wir suchen nun Zeitzeugen aus dem 10.Jh. nach Chr., als die Wikinger Christen wurden.
 

Jelling

The same afternoon we drive on further north to the town of Jelling and turn back the clock of our time machine by another 800 years. Now we are looking for contemporary witnesses from the 10th C, the time when the Vikings became Christian.

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Der kleine Ort Jelling würde, touristisch gesehen, ein wohl unauffälliges Dasein fristen, besäße er in seinem Zentrum nicht ein paar höchst bemerkenswerte Relikte aus der Zeit, da die bis dahin plündernden oder kolonisierenden Wikingerhorden sich zu einem Königreich zusammenschlossen. Wenige Jahrzehnte später traten sie zum Christentum über.
Die Zeugen, die uns von diesen Geschehnissen berichten, sind zwei große Grabhügel, zwei Runensteine und ein Kirchlein.
An diesem trüben Spätnachmittag nähern wir uns vom Besucherparkplatz dem Friedhof Jellings, hinter dem sich rechts und links ein Grabhügel erhebt und in der Mitte eine Kirche.

The small town of Jelling would not make the impression of being a tourist attraction but for the remarkable remains in its centre dating from the time when out of the plundering and colonizing Viking horde  a kingdom was formed. A few decades later they turned to Christianity.
The witnesses to these events are two burial mounds, two rune stones and a little church.
Late on a cloudy and dull afternoon we approach the Jelling cemetery from the visitors’ parking place. The burial mounds are to the right and left and the little church in the middle.

 

 

 

Die beiden Runensteine stehen vor dem Kirchenportal. Den kleineren hatte Gorm der Alte (Gorm den Gamle, gest. nach 935) für seine Frau Thyra errichtet. Den großen Stein, mit 2,40m wohl der größte Runenstein der Welt, setzte der Sohn der beiden, Harald I. Blauzahn Gormson (geb. um 910, gest. 987), seinen Eltern (und sich selbst) zur Ehre.

The two rune stones stand in front of the church entrance. The smaller one was set up by Gorm the Old, (Gorm den Gamle), who probably died ca. 958 AD, for his wife Thyra. The larger stone, at 2.4m probably the largest rune stone in the world, was set up by their son Harald Bluetooth Gormson (Harald I of Denmark, born ca. 910, died ca. 986) in honour of his parents (and himself).

 

 

 

Betrachtet man die Runensteine näher, so wird erkennbar, dass der kleinere, also von Gorm gesetzte Stein an zwei Seiten mit Runen beschriftet wurde. Die Inschrift lautet: "König Gorm machte seiner Frau Thyra, Dänemarks Zierde, dieses Denkmal." Doch die genaue Übersetzung des Wortes Zierde ist sehr umstritten und könnte sich auch auf Gorms eigene Taten beziehen. Dem Wikingerhäuptling Gorm war es zu Beginn des 10.Jh. erstmals gelungen, die bis dahin unabhängig voneinander operierenden Wikingerstämme zu einem Königreich zu vereinen, dessen Hauptstadt Jelling wurde. Auf Gorms Stein findet sich zum ersten Mal auf dänischem Boden der Beleg für den Namen "Dänemark". Mit Gorm beginnt die Reihenfolge der dänischen Könige, die sich ohne Unterbrechung bis zur heutigen Königin Margrethe II. fortführen lässt.

Looking more closely at the stones, we see that the  smaller one has runes on two sides. They read: "King Gormr made this monument in memory of Thyrvé, his wife, Denmark's salvation." (Rundata, DR 41, as quoted in Wikipedia)
(The translation shown on the information board at the car park refers to Thyrve / Thyra as ‘Denmarks penance’, which is not without humour.)
The Viking leader Gorm in the early 10th C was apparently (some of this is disputed) the first to unite the independently operating Viking clans into a kingdom with capital at Jelling. On Gorm’s stone is the first confirmation of the name ‘Denmark’ being used within Denmark. Gorm starts the ancestral tree of the Danish Royal Family, which carries on unbroken to Queen Margrethe II.

 

 

 

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Bei dem größeren, etwa um 960 von König Harald I. in Auftrag gegebenen Stein handelt es sich um das bedeutendste dänische Runendenkmal. Es ist an drei Seiten mit Inschriften und/oder kunstvollen bildlichen Darstellungen geschmückt. Die Inschrift, die auf dem linken Bild anfängt, besagt: "König Harald gebot, dass dieses Denkmal seinem Vater Gorm und seiner Mutter Thyra gemacht wurde, der Harald, der sich ganz Dänemark und Norwegen unterwarf und die Dänen zu Christen machte.”  Die zweite Seite, auch Christusseite genannt, gilt als älteste Darstellung Christi im Norden. In der Vergrößerung kann man im oberen Drittel des Steins die Abbildung eines Gesichts erkennen. Die Arme der Figur sind ausgebreitet, aber nicht ans Kreuz geschlagen. In Anlehnung an heidnische Vorstellungen (Odin am Baum) meint man hierin "Christus am Lebensbaum" zu erkennen. Wegen der Ornamentierung wird der Runenstein auch oft als "Taufschein Dänemarks" bezeichnet.

Die dritte Seite auf dem rechten Bild zeigt einen Vierfüßler und eine Schlange, wahrscheinlich im Kampf. Vielleicht eine Darstellung des Kampfes zwischen Gut und Böse (Christentum gegen Heidentum). Die langgezogenen, S-förmig geschwungenen Tierleiber mit Köpfen in Seitenansicht kennzeichnen den Jellingstil. Er ist eine neue , wahrscheinlich von den britischen Inseln beeinflusste Stilrichtung, die in stets gleicher Ausführung von den Wikingern um das 10.Jh. benutzt wurde.

The larger rune stone, commissioned by King Harald I in about 960, is the most significant Danish runic monument. It is inscribed on three sides with runes and artistic symbols. The inscription, which starts on the left picture, says ‘"King Haraldr ordered this monument made in memory of Gormr, his father, and in memory of Thyrvé, his mother; that Haraldr who won for himself all of Denmark and Norway and made the Danes Christian." (Rundata, DR 42, , as quoted in Wikipedia)
The 2nd side, called the Christ side, shows the oldest representation of Christ in the north. Click to expand the picture to be able to see a face in the upper third of the stone. The arms of the figure are spread out, but it is not shown as on a cross. This is thought to show Christ and the Tree of Life, incorporating heathen symbolism.
Because of this decoration the rune stone is often referred to as Denmark’s ‘Certificate of Baptism’.

The third side in the right hand picture shows a four-footed creature and a snake, probably fighting together and possibly representing the conflict between Good and Evil (Christianity against Heathenism). The long drawn-out animal bodies with heads in profile is called the Jelling Style. It is a new style probably influenced by the British Isles, which is always carried out in the same way by the Vikings around the 10th C.  

 

 

 

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Wir besteigen den größeren, südlichen Grabhügel, in dem wohl nie jemand beigesetzt wurde, und blicken von oben auf den zwischen den beiden Hügeln liegenden Friedhof und die Kirche. Rechts hinter der Kirche kann man die Ausläufer des nördlichen Hügels erkennen. In ihm wurden wohl Gorm und seine Frau Thyra beerdigt. Nachdem ihr Sohn Harald den christlichen Glauben angenommen hatte, ließ er eine Holzkirche erbauen, die erste von drei Vorgängerkirchen der heutigen Steinkirche, die allesamt abgebrannt sind, und ließ seinen Vater dorthin umbetten.
Bei Renovierungsarbeiten unter der um 1100 erbauten  Steinkirche entdeckte man 1976-79 unter dem jetzigen Chor Reste einer Grabkammer, ähnlich derjenigen leeren, die man im Nordhügel bei Grabungen im 19. und 20.Jh. entdeckt hatte. In ihr befanden sich, wild durcheinander ( was wohl auf eine Umbettung schließen lässt), die Überreste eines Mannes mit Resten von kostbarer Kleidung und zwei prächtige Schmuckstücke. Man meint behaupten zu können, dass es sich dabei um König Gorm handelt. Rätselhaft erscheint allein die Tatsache, dass man nichts von Thyra, seiner Frau, entdecken konnte.

We climb the larger burial mound to the south in which apparently nobody was buried, and look back from the top to the cemetery and church lying between the two mounds. On the right behind the church the edge of the other mound can just be seen. In that Gorm and his wife Thyra were apparently buried. After their son Harald had accepted the Christian faith he had a wooden church built, and had his father reburied there. That was the first of three predecessor churches (all of which burnt down) to today’s stone church.
During restoration work in 1976-79 remains of a burial chamber, similar to the empty one found in the northern mound in excavations in the 19th and 20th centuries, were discovered under what is now the choir of the stone church. In it but in total disorder, presumably as a result of the reburial, were the remains a man with traces of costly clothing and with two fine pieces of jewellery. These are believed to be the remains of King Gorm, but why no trace of his wife Queen Thyra was found is a mystery.   

 

 

 

Kleiner Abstecher in die Gegenwart. Wir wenden uns, noch immer auf dem südlichen Grabhügel stehend, Richtung Süden und blicken auf das moderne Jelling hinab. Der Unterschied zwischen dem stillen Friedhof mit seinen stummen Zeugen von längst vergangenen Zeiten und dem vor Leben und Aufbruchsstimmung pulsierenden neuen Jelling erschafft eine ganz eigenartige atmosphärische Spannung.

Small excursion into the present. We turn round, still standing up on the southern burial mound, and look down into Jelling today. The difference between the quiet cemetery with the dumb witnesses to the far past and the modern and lively town creates an unusual sort of tension.  

 

 

 

Allmählich umrunden wir die Kultstätte und betrachten die Hügel von hinten, der größere, südliche liegt links und der etwas kleinere, der Gorms und Thyras Gräber enthielt, rechts.

Die Grabkammer Gorms wurde schon im Mittelalter geplündert. Grabräuber brachen die wasserdichte Eichendecke auf und entnahmen - bis auf wenige Stücke wie einen vergoldeten Silberbecher in schönstem Jellingstil - alle Grabschätze. Die Grabkammer und der darüber liegende Gang füllte sich mit Wasser, was zur Bildung eines kleinen Sees an der Spitze des Berges führte. Seinem Wasser wurden jahrhundertelang Heilkräfte zugesprochen, bis der Legende nach ein Bauer sein krankes Pferd darin badete und den Segen dadurch brach.
Der erneuten Umbettung der Gebeine Gorms in den Fußboden der Kirche nach den erfolgten Renovierungsarbeiten in sehr modernem Stil wohnte im Jahre 2000 sogar Königin Margrethe II. bei.

We slowly circuit the cult site and look at the mounds from the side again. The larger, southern one is on the left and the smaller one in which Gorm and Thyra were buried, on the right.

Gorm’s burial chamber was robbed in the Middle Ages. Grave robbers broke the waterproof oak ceiling and took all the treasures, with a few exceptions, such as a gold-plated silver beaker in the finest Jelling style. The burial chamber and the passage above it filled with water, which made a small pond at the top of the burial mound. The water in it was credited for centuries with magical healing power, until, according to legend, a farmer bathed his sick horse in it and broke the good spell.
In 2000  after successful renovation work in a modern style, a renewed reburial of the mortal remains of Gorm in the floor of the church took place. Queen Margrethe II was present at the ceremony.

 

 

 

Auf dem parkartigen Gelände der Grabhügel befindet sich auch dieses Mahnmal neueren Datums, das an die Kriegsopfer Jellings aus dem vergangenen Jahrhundert erinnert.

In the park-like area around the burial mounds there is also this modern monument remembering Jelling’s dead in the wars of the last century.

 

 

 

Blühende Rhododendronbüsche begrenzen das geschichtsträchtige, seit 1994 dem Unesco-Weltkulturerbe zugerechnete Areal.

Viele Fragen bleiben auch heute noch offen: Wo sind die Überreste Thyras? Für wen war der südliche Grabhügel gedacht? Gibt es in ihm vielleicht doch eine unentdeckte Grabkammer? Und wo sind die Überreste des königlichen Hofes?

Flowering rhododendrons on the edge of the historical area, which has belonged to the Unesco world cultural heritage list since 1994.

Many questions are still unanswered: Where are the remains of Thyra? Who was the southern burial mound for? Is there maybe an undiscovered burial mound in it? Where are the remains of the royal court?

 

 

 

Für die Archäologen bleibt noch viel zu tun. Und wie man sieht, haben sie die Grabungsarbeit vor Kurzem wieder aufgenommen. Hinter dem nördlichen Hügel und den ihn umgebenden Friedhof, in dem man ja nicht graben darf, werden behutsam große Findlinge ausgehoben. Man darf gespannt sein, zu welchen weiteren Erkenntnissen bezüglich des Königshofs in Jelling die Wissenschaft während der nächsten Jahre gelangt, einem Hof, der wie aus dem Nichts innerhalb eines Jahrhunderts dort entstand und auch wieder verschwand. Denn bereits Harald I. verlegte den Königshof nach Roskilde und veranlasste dort den Bau eine Kirche, in der er auch begraben wurde. Diese wurde später durch die mächtige Kathedrale ersetzt.  Doch darüber mehr im nächsten Kapitel.

Link für weiterführende Informationen: Auf den Spuren der Wikinger in Dänemark (dann Jütland, Jelling)

For the archaeologists there is still plenty to do. And, as one can see here, they have recently started an excavation again. Beyond the northern mound and the cemetery surrounding it, (in which a dig is of course not allowed), large stones are being carefully exposed. It will be fascinating to hear what further discoveries the scientists will make in the coming years. Maybe the royal court, which was started and then disappeared again within a century. Because Harald I soon transferred the court to Roskilde and built a church there, in which he was later buried. It was replaced later by a mighty cathedral. But that is the subject of the next chapter ...

 

 

 

 

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